Gebetsstätte Wigratzbad
Geschichte
Der damalige Bischof Dr. Josef Stimpfle (1963 – 1992) sagte in der Predigt zur Kirchweih:
„In einer Zeit, die Gott vergisst, ist in Wigratzbad eine Stätte des Gebets erblüht. Inmitten einer Kirche, die viel über ihre Erneuerung diskutiert, wird in Wigratzbad die Antwort liebender Hingabe in der Herzensgesinnung Jesu und Mariens geübt. Im Kampf gegen den Fürsten dieser Welt, der die Geister verwirrt und viele Menschen ins Verderben stürzt, wird im Geiste des gekreuzigten Erlösers hier Sühne geleistet, um Menschen zu retten. Wer möchte in Abrede stellen, dass die Welt Beter braucht, Beter, die Nächte durchbeten, um Sünder mit Gott auszusöhnen und ihnen den Frieden Christi zu bringen; Beter, die Sühne bringen für das, was in unserer Gesellschaft und unserem Volke geschieht, wenn Grundwerte des Lebens, die Fundamente des Glaubens und der Kirche ausgehöhlt werden und der Zeitgeist des Materialismus und Säkularismus verführt zu einem Leben, das nur an sich denkt und die Erfüllung und den Sinn des Daseins im Genusse der irdischen Güter sucht.“
Zu diesem Zeitpunkt lagen die Anfänge der Gebetsstätte schon vierzig Jahre zurück.
Die Gründerin unserer Gebetsstätte, Frl. Antonie Rädler (* 14. Dezember 1899, + 9. Dezember 1991), war die Tochter des Landwirts, Viehhändlers und Metzgermeisters Andreas Rädler und seiner Ehefrau Anna Maria, geb. Gsell. In den Jahren 1927 bis 1936 betreute sie die Metzgereifiliale ihres Vaters in Lindau.
Ab 15. Oktober 1915 war Antonie als Hauswirtschaftsschülerin im Institut der Franziskanerinnen von Bonlanden verzeichnet. Wahrscheinlich noch im selben Jahr, am Fest der Unbefleckten Empfängnis, wurde sie als Marienkind aufgenommen.
Antonie entfaltete nicht nur ein persönliches intensives Gebetsleben, sondern auch ein erfolgreiches Laienapostolat. Während ihrer Zeit in Lindau weigerte sie sich, das Bild der Dreimal Wunderbaren Mutter gegen das Führerbild auszutauschen und mit dem deutschen Gruß zu grüßen. So versuchte man, sich ihrer in drei nächtlichen Anschlägen zu entledigen. Als Dank für die erfahrene Hilfe des Himmels zu ihrer Rettung, erbaute Antonie Rädler die erste Lourdesgrotte auf dem ihr von den Eltern überlassenen Grund. Diese wurde am Rosenkranzsonntag, den 11. Oktober 1936, von Pfarrer Basch von Wohmbrechts eingeweiht. Dort vernahm in der Oktav des Hochfestes der Unbefleckten Empfängnis 1936 Antonie Rädler den Wunsch Mariens, in Wigratzbad als Unbefleckt empfangene Mutter vom Sieg verehrt und angerufen zu werden.
Die Grotte wurde rasch zu einem Ort des Gebetes für viele Gläubige; besonders an Sonntagen verbrachten die Betenden viele Stunden an diesem Platz, um Hilfe in persönlichen Nöten, für die Kirche und das Vaterland in der Zeit des Nationalsozialismus und dann des Krieges zu erbitten.
Ab dem Sommer 1938 wurde die Gnadenkapelle erbaut, die am Fest Mariä Verkündigung 1940 benediziert werden konnte.
Die Entstehung der Kapelle war von Schwierigkeiten begleitet: Antonie wurde wegen falscher Anschuldigungen verhaftet und über vier Monate in Lindau eingesperrt. Sie wurde zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, konnte sich aber vor Haftantritt zunächst im Bregenzer Wald, dann im elterlichen Hause versteckt halten. Trotz mehrfacher Haussuchungen wurde sie nicht entdeckt.
Nach dem II. Weltkrieg wurde in Abschnitten an die Gnadenkapelle ein Haus angebaut, das als Sanatorium, später als Kurheim diente.
1963 gab Bischof Dr. Josef Stimpfle die Erlaubnis zur öffentlichen Feier der Hl. Messe in der Kapelle „Maria vom Sieg“.
1960 wurde auf dem Hügel östlich der Gnadenkapelle ein großes Kreuz des Schnitzers Albertani aufgestellt. Es fand dann in der Anlage eines Freialtars Platz. Diese Anlage diente ab 1967 zu Gottesdiensten im Freien, weil die Kapelle die Zahl der Beter nicht mehr fassen konnte. Auf Dauer war auch dies keine Lösung, sodass seit 1970 konkrete Kirchbaupläne entstanden, die schließlich zum Bau der heutigen Kirche führten.
In den Jahren 1983 und 1987 wurde das neue Pilgerheim St. Josef erbaut und erweitert.
Im Jahr 2016 konnte Wigratzbad auf 80 Jahre seit Erbauung der ersten Lourdesgrotte und auf 40 Jahre des Bestehens als kirchlich anerkannte Gebetsstätte zurückschauen:
Acht Jahrzehnte einer bewegten Geschichte mit Höhen und Tiefen, großen Leistungen und menschlichen Schwächen und Versagen, aber immer getragen vom Willen, für das eigene Leben, die Kirche und die Welt im Gebet Gottes Segen und die Hilfe Unserer Lieben Frau zu erbitten.
Vielfach erfahrene Hilfe und Erhörung begleiteten diese Zeit und ermutigen uns heute, unter mancherlei Überbauten und Kopien das Ursprüngliche und Eigene neu zu finden.
Wenn in den Jahren 2013 und 2014 die Herz-Jesu- und Mariä-Sühnekirche vierzig Jahre nach ihrer Erbauung einer dringend notwendigen Gesamterneuerung unterzogen wurde, dann ist dies nicht nur den baulichen Schäden und Mängeln eines Bauwerks von außerordentlicher Gestalt und Bedeutung geschuldet. Es kann nur Zeichen sein der stets nottuenden inneren Erneuerung der Kirche aus dem Erlöserherzen Jesu, dem lebensschaffenden Quell seiner Kirche.